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Gasinnendruck-Technik (GID/GIT): Effizienz und Leichtbau im Kunststoffspritzguss
Die Gasinnendruck-Technik (GID oder auch GIT genannt) ist eine Herstellungsmethode im Kunststoffspritzguss, die es ermöglicht, Bauteile mit reduzierten Wanddicken und geringem Gewicht zu produzieren. Beide Begriffe – GID und GIT – werden in der Branche synonym verwendet und beziehen sich auf das gleiche Verfahren. Diese Technik spielt eine entscheidende Rolle in der Automobilindustrie und anderen Bereichen, in denen das Gewicht und die Materialeffizienz von entscheidender Bedeutung sind. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Grundlagen, Vorteile und Herausforderungen der GID-Technik sowie ein anschauliches Praxisbeispiel.
Druck im Kunststoff – Wie die GID-Technik Leichtbau nachhaltig gestaltet
Die Gasinnendruck-Technik nutzt Gas, meistens Stickstoff, um während des Spritzgussprozesses Hohlräume in Kunststoffteilen zu erzeugen. Der Prozess startet mit der partiellen Füllung der Form mit Kunststoff, gefolgt von der Einleitung des Gases unter hohem Druck. Das Gas drückt den Kunststoff zur Formwand hin und schafft so Hohlräume im Inneren des Bauteils, was eine deutliche Gewichtsreduktion ermöglicht.
Ein wichtiger Aspekt, den es zu beachten gilt, ist der sogenannte „Fingereffekt“. Dieser tritt auf, wenn sich das Gas beim Abkühlen der Kunststoffschmelze in dünnere Bereiche des Bauteils ausdehnt und dabei tief in angrenzende Zonen eindringt. Dies kann zu Schwächungen in diesen Bereichen führen und stellt eine technische Herausforderung dar, insbesondere bei Bauteilen mit variierenden Wanddicken. Um den Fingereffekt zu minimieren, kann die Kavität stärker mit Schmelze gefüllt werden, was jedoch die Größe und Länge des Gaskanals reduziert.
Unterschiede zwischen GID und GHD:
Gasinnendruckverfahren (GID): Hier wird das Gas verwendet, um Hohlräume im Inneren des Formteils zu erzeugen, was zu leichteren Bauteilen führt.
Gashinterdruckverfahren (GHD): Das Gas drückt den Kunststoff während der Abkühlphase an die Formwand, ohne dass Hohlräume entstehen. Die Bauteile bleiben massiv.
Verfahrensablauf der Gasinnendrucktechnik
Mithilfe des Gasinnendruck-Spritzgießens lassen sich mehr oder weniger hohle Formteile herstellen. Dabei wird das herzustellende Teil zunächst konventionell im Spritzgussprozess geformt. Es wird zwischen drei Verfahren im Füllprozess unterschieden: dem Standardverfahren, dem Überströmverfahren und dem Masse-Rückdrückverfahren.
Standard-Verfahren:
Hierbei wird die thermoplastische Kunststoffmasse zu 50–95 % in die Kavität eingespritzt. Sobald ausreichend Kunststoffschmelze in der Kavität vorliegt, wird die Zuführung eines inerten, also reaktionsträgen Gases (meist Stickstoff) eingeleitet. Die Gasfront schiebt die Kunststoffschmelze bis zur vollständigen Füllung der Kavität vor sich her. Durch den Druckaufbau wird das Bauteil optimal gefüllt, und die Schmelze schmiegt sich an die Oberfläche des Spritzgusswerkzeugs. Dabei übernimmt der Gasdruck die sonst übliche Nachdruckphase und wirkt relativ homogen im gesamten Bauteil. Dadurch bildet sich eine Hohlkammer im Kunststoffbauteil. Eine Massenanhäufung der Kunststoffschmelze und somit Lunker und Einfallstellen werden vermieden. Bevor das Bauteil entformt wird, wird der Gasdruck abgebaut.
Ein Nachteil dieses Verfahrens ist der sogenannte Stagnationspunkt. Dieser zeichnet sich als optischer Makel am Bauteil ab, sobald von der Vorlegung der Kunststoffmasse auf das Einbringen des Gases umgeschaltet wird. Dies ist auf eine geringe Abkühlung der Schmelzefront zurückzuführen.
Überström-Verfahren:
Im Gegensatz zum Standardverfahren wird die thermoplastische Kunststoffmasse zu 95 % in die Kavität eingespritzt. Sobald ausreichend Kunststoffschmelze in der Kavität vorliegt, wird die Gaszuführung eingeleitet. Die Gasfront schiebt die Kunststoffschmelze bis zur vollständigen Füllung der Kavität vor sich her. Dabei wird die überschüssige Schmelze in einen Überlauf gedrückt, sodass der Stagnationspunkt nicht im sichtbaren Bereich des Bauteils liegt. Sobald die Kavität vollständig gefüllt ist, wird der Überlauf durch einen mechanischen Stempel verschlossen, sodass sich der Gasdruck aufbauen kann. Bevor das Bauteil samt Überlauf entformt wird, wird auch hier der Gasdruck zuerst abgebaut.
Masse Rückdrückverfahren:
Auch bei diesem Verfahren wird die thermoplastische Kunststoffmasse zu 95 % in die Kavität eingespritzt. Sobald ausreichend Kunststoffschmelze in der Kavität vorliegt, wird die Gaszuführung eingeleitet. Allerdings ist die Gasdüse, im Gegensatz zu den beiden vorherigen Verfahren, nicht im Bereich der Anspritzung, sondern am Fließwegende eingebracht. Durch den Gasdruck wird die Schmelze zurück in den Anguss gedrückt. Um zu verhindern, dass das Gas in den Maschinenzylinder gelangt und der Gasdruck im Bauteil aufgebaut werden kann, wird der Anguss durch einen mechanischen Stempel verschlossen. Idealerweise sollte zusätzlich eine verschließbare Maschinendüse vorgesehen werden. Denn wenn das Gas in den Maschinenzylinder gelangt, ist das darauffolgende Bauteil von Schlieren und anderen Oberflächenfehlern betroffen. Vor der Entformung des Bauteils wird auch hier der Gasdruck wieder abgelassen.
Statt Gas kann auch Wasser als vorübergehender Füllstoff genutzt werden. In diesem Fall handelt es sich dann um Wasserinnendruck-Spritzgießen (WID).
Weniger ist mehr – Warum die GID-Technik Gewicht spart und Kosten senkt
Das Hauptziel der GID-Technik ist die Herstellung von Kunststoffbauteilen, die nicht nur stabil, sondern auch leicht sind. Jedes gesparte Gramm kann in der Automobilindustrie den Unterschied machen – sei es bei der Reduzierung von Kraftstoffverbrauch oder bei der Erhöhung der Reichweite von Elektrofahrzeugen. Doch die GID-Technik spart nicht nur Gewicht, sondern auch Materialkosten. Die Hohlräume im Bauteil bedeuten, dass weniger Kunststoff benötigt wird, was die Produktion effizienter und nachhaltiger macht.
Die Vorteile der GID-Technik – Druck, der sich lohnt
Die GID-Technik bringt eine Reihe beeindruckender Vorteile mit sich:
- Gewichtsreduktion auf höchstem Niveau: Die Technik ermöglicht es, Bauteile erheblich leichter zu gestalten, ohne Stabilität einzubüßen.
- Materialeinsparung der Extraklasse: Weniger Kunststoff bedeutet niedrigere Materialkosten und eine nachhaltigere Produktion.
- Oberflächenqualität: Einfallstellen und Verzug können durch den gleichmäßigen Druck minimiert werden, was zu einer besseren Oberflächenqualität führt.
- Effiziente Produktion: Kürzere Zykluszeiten sind möglich, da der Gasdruck bis in die Kühlzeit hinein wirkt und somit die Zykluszeit reduziert.
- Reduzierte Einfallstellen: Das Risiko von Einfallstellen auf der sichtbaren Oberfläche wird stark vermindert, was zu einem besseren Endprodukt führt.
Herausforderungen und Tücken – Wo die GID-Technik an ihre Grenzen stößt
Trotz aller Vorteile bringt die GID-Technik auch einige Herausforderungen mit sich:
- Fingereffekt: Der Fingereffekt kann auftreten, wenn das Gas sich in dünnere Bereiche des Bauteils ausdehnt, was diese Bereiche schwächen kann. Dies ist eine Herausforderung, die in der Konstruktionsphase berücksichtigt werden muss.
- Investitionskosten: Die Anschaffung von GID-Ausrüstung und die Entwicklung spezieller Werkzeuge können hohe Kosten verursachen.
- Komplexität in der Prozesssteuerung: Der Prozess erfordert hohe Präzision und Erfahrung, um gleichbleibend hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Eine fehlerhafte Steuerung kann zu unerwünschten Effekten wie Rissen oder ungleichmäßigen Wanddicken führen.
Praxisbeispiel – Die GID-Technik im Einsatz
Stellen Sie sich vor, Sie öffnen die Tür eines modernen Autos. Der Türgriff, den Sie in der Hand halten, ist leicht, aber extrem robust – ein typisches Beispiel für die Anwendung der GID-Technik. Durch die Hohlräume im Inneren wird Gewicht gespart, ohne dass die Stabilität leidet. Ein Pluspunkt, den die Automobilindustrie schätzt, um sowohl Gewicht als auch Produktionskosten zu reduzieren.
Fazit: GID-Technik – Nachhaltigkeit durch effizienten Materialeinsatz
Die Gasinnendruck-Technik ist eine bewährte Methode, die den Leichtbau in der Kunststoffverarbeitung nachhaltig gestaltet. Bei SMi Kunststofftechnik setzen wir auf diese Technik, um unseren Kunden maßgeschneiderte und effiziente Lösungen zu bieten. Vertrauen Sie auf unsere Expertise, um die besten Ergebnisse für Ihre Projekte zu erzielen.
Haben Sie Fragen zur Gasinnendruck-Technik oder möchten Sie mehr darüber erfahren, wie SMi Kunststofftechnik Ihr nächstes Projekt unterstützen kann? Kontaktieren Sie uns noch heute – wir helfen Ihnen gerne weiter!
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